Lieben Sie Brahms?

Was macht die Wanderung aus, was ist das Besondere?

 

Der Dichter Klaus Groth und der Musiker Johannes Brahms, beide mit Herkunft aus Heide/Dithmarschen, sind sich häufig in Kiel begegnet. Ein reger Briefwechsel ist überliefert, lässt eine Wanderung auf den Spuren von Brahms und Groth zum Haus Forsteck nachvollziehen durch den Düsternbrook zum Marienhain, zur Forstbaumschule, zum Hirschfeldblick, unter „schlanken, aufstrebenden Buchen“ zum Storm-Stein.

Von der Reventloubrücke  spazieren wir  zunächst auf der „Kiellinie“, dem Fördeuferweg, inRichtung Norden, vorbei am Landeshaus, seit 3. Mai 1950 Sitz des Schleswig-Holsteinischen Landtags, als Marineakademie im Oktober 1888 eingeweiht. 1919 wurde durch den Versailler Vertrag die Marineakademie förmlich aufgelöst. In den Bau zog der kommandierende Admiral der Marinestation Ostsee bis 1945. Vor dem Sitz der Wasserschutzpolizei verlassen wir die Kiellinie nach links in Richtung Düsternbrooker Weg, kommen vorbei am ehemaligen Kommandantensitz zur Rechten. Noch im Februar 1868 schrieb Klaus Groth an Brahms:  „Mein lieber Brahms! Wir freuen uns sehr, dass Sie … hierher kommen   und  ein Konzert geben wollen. Obgleich Kiel durch politische Verhältnisse  seit 1863 gedrückt und in dieser Zeit, selbst durch Dilettantenmusik, für  Ostpreußen ausgesogen ist, so werden Sie … doch, wenn auch vielleicht   keine große Einnahme, doch eine so begeisterte Aufnahme finden wie nur  irgendwo.“  

Kiel sollte in den folgenden Jahren durch die Verlegung der Marinestation Ostsee von Danzig nach Kiel zu einer Großstadt werden. Als 1881 vom Turm der ersten Garnisonkirche die Glocken läuteten dichtete Klaus Groth: Wi kregen en Swanenweg, Brunswik war en Vorstadt, Kiel war en Weltstadt - wat en Vergnögen.  

Wir queren den Düsternbrooker Weg am Karolinenweg, steigen zwischen Freilichtbühne und Tennisplätzen an der Krusenkoppel auf die Anhöhe von 29 m NN. Die „12 Apostel“, 12 Linden – ein Überbleibsel des ehemaligen „Hotel Düsternbrook“ -, das Heinrich Kruse 1856 mit der Krusenkoppel erwarb, grüßen uns. 

Von der Anhöhe hat man einen beeindruckenden Blick auf die Kieler Förde, hinein in die Schwentinemündung auf der gegenüberliegenden Fördeseite. Wenn der herrliche Buchenwald des Düsternbrook uns aufnimmt, nehmen wir den ersten ein wenig talwärts führenden Weg, der uns zum „Marienhain“ mit den kümmerlichen, verwahrlosten Resten des ehemaligen „Marientempels“ führt, der eine anrührende Geschichte hat: Die Stadt Kiel schenkte der dänischen Königin Marie, Gemahlin Friedrich VI., zur Geburt der ersten Tochter Wilhelmine im Jahr 1808 einen als Teehaus konzipierten Gartenpavillon. Wilhemine, in Glücksburg liebevoll „Mine“ von der Bevölkerung genannt, Herzogin zu Schleswig-HolsteinGlücksburg, schenkte der Stadt Kiel 1873 den Pavillon und Marienhain zurück. Die Nationalsozialisten machten aus dem Pavillon ein Ehrenmal für die Gefallenen des 1. Weltkrieges. Nach Zerstörung im Jahr 1944 wurde die Ruine 1948 nahezu vollständig abgetragen und nie wieder restauriert. Beschämt steigen wir auf den höher gelegenen Weg durch das Gehölz, dessen Höhen und Tiefen die gestaltende Kraft der Gletscher vor 20 000 Jahren erahnen lassen. Wir folgen dem Weg durch den Düsternbrook, der sich in Nähe des Niemannsweges befindet.  In Höhe der Universitäts-Nervenklinik verlassen wir den Wald, queren den Niemannsweg und gelangen über einen Verbindungsweg zur Schlieffenallee, von der wir in den Park der Forstbaumschule wechseln. 1785 wurde inKiel eine königlich-dänische Forstlehranstalt unter dem Leiter August Niemann gegründet. 1833 wurde der Lehrbetrieb nach Kopenhagen verlegt, aber die Baumschule wurde bis 1867 als Handelsbaumschule fortgeführt. 1855 waren mehr als 500 Arten in Anzucht. Der Gärtnereibetrieb wurde erst 1898 gänzlich eingestellt, die Anlage als englischer Landschaftspark gestaltet. Durch die eindrucksvolle Anlage mit zahlreichen mächtigen Bäumen wandern wir bis zum Ausgang, der uns über den Niemannsweg in den Diederichsen-Park führt. Ein Gedenkstein erinnert an den Reeder Heinrich Diedrichsen, der in schwierigen Zeiten die Howaldt-Werke vor dem Ruin rettete. Er bewohnte das Haus Forsteck auf dem Gelände des Diederichsen-Park, das im 19. Jahrhundert dem Hamburger Großkaufmann Adolph Meyer gehörte, in dessen Haus Johannes Brahms und Klaus Groth oft zu Gast waren, ein kulturelles Zentrum , in dem Kieler Professoren, Theodor Fontane, Julius Stockhausen, Clara Schumann etc. verkehrten. 1872 schrieb Klaus Groth an Brahms: „Lieber Freund! Ich könnte behaupten, dass von Ihnen jeden Tag bei uns die Rede ist, wenigstens kommt es mir so vor. Wir stellen Sie in Gedanken in Hamburg an, wir arrangieren ein Konzert für Sie, wir denken uns aus, wie wir mit Ihnen hausen würden, wenn Sie zum Besuch kämen. Doch die Hauptsache oder Grund und Veranlassung dazu sind Ihre Kompositionen. Darin ist ein Musiker glücklicher als ein Dichter, dass seine Werke dem Laien erst allmählich aufgehen, dass sie Gegenstand des Studiums, des Vergleichs, des allmählichen Eindringens und Verstehens werden.“ Das Haus Forsteck steht nicht mehr. Durch den Diederichsen-Park genießen wir aber einen großartigen „Hirschfeld-Blick“, durch eine gartenarchitektonische Achse mit Blick auf die Kieler Außenförde, den Leuchtturm Friedrichsort, an der einst wehrhaft verteidigten Enge zwischen Innen- und Außenförde, am Zugang zum SchleswigHolstein-Kanal. 

Christian Hirschfeld war in Kiel Professor der Philosophie und der schönen Wissenschaften. In den Jahren 1779-1785 erschien sein Hauptwerk, die „Theorie der Gartenkunst“, das ihn als führenden Theoretiker der englischen Gartenkunst auswies. Er gründete 1784 in Düsternbrook eine Fruchtbaumschule. Vom Diederichsen-Park steigen wir über die Treppe hinab zum Hindenburgufer, folgen dem Uferweg stadteinwärts bis zur Seebadeanstalt Düsternbrook. Hier führt ein schmaler Weg hinauf zum Bellevue, den wir nehmen. Nicht ganz oben zweigt nach links ab ein Weg, der uns hinab zur Kreuzung Lindenallee – Düsternbrooker Weg bringt. Von hier tauchen wir wieder in das Düsternbrooker Gehölz ein, bleiben auf Wegen, die etwa parallel dem Düsternbrooker Weg verlaufen, sehen dann einen Weg, der recht steil hinauf führt zu einem Forstwirtschaftsgebäude. Kurz vor diesem Gebäude treffen wir auf den Storm – Stein, der als Erinnerung an die ehemalige Waldwirtschaft „Sanssouci“ steht, die eine besondere Rolle in der Novelle „Auf der Universität“ von Theodor Storm spielt.  

Von hier führt wieder ein Weg hinab zu einem Ausgang des Düsternbrook, der uns über den Düsternbrooker Weg in den Carl Loewe-Weg bringt, ein Verbindungsweg zum Hindenburgufer. Hier folgen wir der Kiellinie, vorbei am Kieler Yachtclub, dem Weltwirtschaftsinstitut, einst Krupp'sches Logierhaus, vorbei am Olympia-Hafen, 1936 Austragungsort der Segelolympiade in Kiel.  

Neben dem Gebäude der Wasserschutzpolizei finden wir an einer mächtigen Eiche den zu weiterem Aufbruch verlockenden Hinweis „Europäischer Fernwanderweg – Nordsee – Adria“. Wir kehren zu unserem Ausgangspunkt an der Reventloubrücke zurück, vermeinen noch das Gespräch zwischen Brahms und Groth auf ihrem Weg zum und vom Haus Forsteck zu hören, hören das Bedauern Brahms, keinen Ruf nach Hamburg in die Heimatnähe erhalten zu haben.

Bundesland:    Schleswig–Holstein

 

Region:     Landeshauptstadt Kiel  

 

Wegezuordnung:   Europäische Fernwanderwege E 1/E 6    

 

Start- und Zielpunkt:  

Reventlouallee 2      

24105  Kiel      

Düsternbrook  

 

Verkehrsanbindung Auto:

Von der A 215 auf den Westring, über den        Westring zum Zentrum/Ostseekai, weiter zum       Landeshaus/Reventloubrücke   

 

Verkehrsanbindung ÖPNV:

Ab Kiel Hbf mit Buslinie 41/42 oder 51  bis Landtag/Reventloubrücke

 

Rund- oder Streckenwanderung:  Rundwanderung  

 

Länge: 5 km  

 

Geschätzte Dauer: 1,5 – 2 Stunden  

 

Markierungszeichen:  keine  

 

Höhenunterschied:  

Tiefster Punkt:          2 m NN

Höchster Punkt:     29 m NN  

 

Anforderungen:

steile Passagen: selten

durchgehend kinderwagengerecht:    ja

barrierefrei:    nein  

 

Besonderer  Routencharakter:  

Naturwanderung      

Kulturwanderung  

 

Begehbarkeit:    ganzjährig   

 

Sehenswürdigkeiten:  

1.   Landtag von Schleswig-Holstein      

2.   Krusenkoppel      

3.   Marientempel      

4.   Forstbaumschule      

5.   Diederichsen-Park/“Haus Forsteck“      

6.   Hirschfeld-Blick      

7.   Theodor Storm-Stein      

8.   Krupp'sche Villa      

9.   Segel-Olympiahafen   

 

Einkehrmöglichkeiten:  

Kiel      

Restaurant Louf      

Reventlouallee 2      

24105  Kiel      

Tel. 0431-551178      

nur Einkehr        

 

Kiel      

Restaurant Forstbaumschule      

Düvelsbeker Weg 46      

24105  Kiel 

Tel. 0431-333496      

nur Einkehr      

 

Kiel      

Restaurant Kieler Yacht Club      

Hindenburgufer 70      

24105  Kiel      

Tel. 0431-8813442      

www.hotel-kyc.de      

Übernachtung und Einkehr  

 

Hinweis auf Karten:

Name:     Radwege in Kiel  1 : 15000

Herausgeber:    Landeshauptstadt Kiel ISBN      987-3-9808839-6-2   

 

Hinweis auf Wanderliteratur:

Titel:      Kiel Lexikon

Verlag:     Wachholtz - Verlag ISBN      978-3-529-02556-3

Titel:      Begegnungen mit Kiel

Verlag:     Wachholtz - Verlag ISBN      3-529-027-22-7

Titel:      Johannes Brahms – Klaus Groth       Briefe der Freundschaft

Verlag:     Verlag Boyens & Co ISBN      3-8042-0803-7

Titel:      Glücksburger Biografien

Verlag:     Husum Druck- und Verlagsgesellschaft ISBN      978-3-89876-507-7

Titel:      Auf der Universität Verlag:    

Verlag Boyens & Co ISBN       3-8042-1080-5   

 

Bilder: Interessengemeinschaft  “Wanderbares Schleswig–Holstein“      

 

Ansprechpartner:  

Interessengemeinschaft  “Wanderbares Schleswig–Holstein“  

von Heyer, Wolfgang  

Kuhlacker 32a  

24145 Kiel  

Tel. 0431-713495  

www.wanderbares-schleswig-holstein.de   

 

Tourismusorganisation:  

Tourist-Information      

Andreas-Gayk-Straße 31      

24103  Kiel      

Tel. 0431-5656700

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